Guts Geschichte

Die Schleswig-Holsteinischen Güter


Die Leibeigenschaft war Bestandteil des gutswirtschaftlichen Systems unter den rechtlichen und ökonomischen Verhältnissen des 16. bis 19. Jahrhunderts. Sie gründete sich im Prinzip auf einen Vertrag auf Gegenseitigkeit: Der Leibeigene war persönlich unfrei; er hatte seinem Gutsherrn Dienste und Abgaben zu leisten; er besaß keine Freizügigkeit, sondern war an die Scholle gebunden, und er durfte nur eine Familie gründen, wenn der Gutsherr dem zustimmte. Der hatte seinerseits die Aufgabe, die Gesundheit und die Arbeitskraft des Leibeigenen zu erhalten - die sogenannte "Konservationspflicht" - und war verpflichtet, ihm in Notlagen zu helfen. Natürlich gab es von beiden Seiten immer wieder Versuche, die Lasten dieser Zweiseitigkeit gegenüber dem jeweils anderen zu verschieben oder gar aufzuheben. Dabei lag die "institutionelle" Macht sicher auf der Seite des Adels. Die  Leibeigenschaft wurde im Rahmen der Agrarreformen im dänischen  Gesamtstaat erst mit dem 1. Januar 1805 in den Herzogtümern Schleswig und Holstein endgültig aufgehoben.


Familienerbstück von U(h)ropa...

Ende des 16. Jahrhunderts ist aus dem adligen Hof des Mittelalters das Gut der frühen Neuzeit geworden, wie es dann durch die Jahrhunderte bestanden hat. Die Zahl dieser adligen Güter wurde im Jahr 1652 durch eine Landesmatrikel festgelegt, doch konnte danach die Eigenschaft eines "adligen Gutes" auch durch landesherrliche Verfügung erworben werden. Vor allem in der zweiten Hälfte des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts war dies der Fall. Alle Güter waren zunächst im Besitz der großen schleswig-holsteinischen Adelsfamilien (Ahlefeldt, Blome, Brockdorff, Buchwaldt, Rantzau, Reventlow u.a.), die durch Kauf, Heirat oder Vererbung teilweise einen immensen Gutsbesitz in einer Hand vereinigen konnten. Durch einen speziellen Vertrag, den  Fideikommiß, wurde gerade vom niederen Adel sichergestellt, daß die Güter im Erbgang nicht aufgeteilt, also zerstückelt wurden. Mitte des 18. Jahrhunderts tauchten dann jedoch in Schleswig-Holstein die ersten bürgerlichen Gutsbesitzer auf. Ihnen wurde der Kauf und Besitz solcher "adligen" Güter nicht verwehrt. Gleichwohl blieben es "adlige" Güter, weil die auf dem Grund und Boden liegenden öffentlichen Lasten und die Aufgaben unverändert weiter bestanden.

Das "adlige" Gut hatte bis weit in das 19. Jahrhundert hinein einen eigenen Wirtschafts-, Sozial- und Rechtscharakter. Wirtschaftlich war ein Gutsbesitzer selbständiger Unternehmer, der die Produkte seines Gutes auf dem Markt absetzte. Das waren in Schleswig-Holstein vor allem Getreide, Vieh und Milchprodukte (Butter und Käse). Der Gutsbesitzer hatte das Eigentum an Grund und Boden nicht nur seines eigenen Gutslandes, sondern des gesamten Gutsbezirks mit Haus, Hof und Inventar. Die Bauern mit ihren Familien waren neben der Arbeit auf dem eigenen, nur gepachteten Hof zu Hand- und Spanndiensten auf dem Gutshof verpflichtet, deren Maß im Prinzip nicht festgelegt war. Sozial war der Gutsbesitzer Patron, der zunächst mit Leibeigenen, dann - seit 1805 - mit Pächtern und freien Arbeitskräften seine Gutsländereien bearbeitete. Auch die Fürsorge für seine Untertanen im Falle von Krankheit, Alter und Tod gehörte zu seinen Aufgaben. Rechtlich war der Gutsherr Obrigkeit, der von den Lokalbehörden unabhängig war und unmittelbar nur der landesherrlichen Verwaltung unterstand. Er regelte die öffentlichen Angelegenheiten des Gutes, sprach oder ließ in seinem Namen Recht sprechen, hatte das Schul- und Kirchenpatronat inne und war für Steuer- und Militärangelegenheiten verantwortlich.

1867 wurden die Herzogtümer zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein. 1871 entstand das Deutsche Reich. Damit änderte sich die rechtliche Stellung der Güter grundlegend. Die gesamten öffentlich-rechtlichen Befugnisse der Güter gingen nach und nach an den Staat über. Die sozialen Pflichten der Gutsherren gingen mehr und mehr auf dem Staat üben und wurden schließlich von modernen Systemen wie der Bismarckschen Sozialversicherung übernommen.
 
 
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